Datenanalyse-Leitfaden

Eine Anleitung für den Einstieg

Wie viele Personen haben im letzten Monat das erste Mal für meine Organisation gespendet? Wie lange bleiben uns unsere Mitglieder erhalten? Was war die Durchschnittsspende auf die letzte Kampagne? 

Solche Fragen sind meist die Einstiegspunkte in das Thema. Damit ist es aber noch längst nicht getan. Wie man vorgehen kann, um Fehler zu vermeiden und das Maximum aus den vorhandenen Daten herausholt, soll in folgender Anleitung näher erläutert werden. 

 

Was professionelles Analytics für das Fundraising bedeutet 

Wer kennt nicht das Zitat “Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts”? Eigentlich sind sie sogar noch wertvoller. In der Privatwirtschaft konnte ich vor 10 Jahren live miterleben, wie massiv in neue Datenbanken, CRM- und Marketing Automation-Systeme, sowie Data Science investiert wurde. Eine Art Goldgräber-Stimmung machte sich breit.  

Ähnliches kann man es momentan auch bei den großen Non-Profit-Organisationen spüren. Bei einem Austausch mit Vertretern von Organisationen stellte kürzlich ein Teilnehmer die Frage “Sind wir eigentlich die Einzigen, die derzeit kein neues Fundraising-System einführen?” 

Was erhoffen sich die Organisationen in die Investition von Daten und entsprechenden Systemen? 

Am Ende geht es im Fundraising um erfolgreiche Mittelbeschaffung. Diese sollte im Optimalfall stetig und langfristig erfolgen.  

Wie ist das zu schaffen?  

Ein Baustein ist sicherlich die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Unterstützer:innen, um Wünsche, Erwartungen und Ansprüche bezüglich Spenderkommunikation und -betreuung bestmöglich zu erfüllen. Ein anderer Baustein ist das Ausnutzen des Datenbestands, um Marketing- und Fundraisinginvestitionen möglichst effektiv und effizient dort einzusetzen, wo sie am meisten bewirken können.  Dadurch können Kosten und somit Spendengelder gespart werden. 

Diese beiden Bausteine greifen sehr stark ineinander und beeinflussen sich gegenseitig. Wenn man mittels Datenanalysen herausfinden kann, wie die Unterstützer:innen “ticken”, können durch gezielte Anpassungen der Spenderkommunikation auch die Erwartungen besser erfüllt und gleichzeitig Kosten gespart werden. 

Mit professionellem Datenhandling, Datenauswertung und Analytics kann man sich dem Optimum nähern. Auf dem Weg zur datenbasierten, analytischen und teilweise automatischen 1:1-Betreuung für jeden Unterstützer und jede Unterstützerin meiner Organisation. 

5 grundlegende Gedanken, die man sich vor der Datenanalyse machen sollte 

Bevor man startet, sollte man sich über die Datenverfügbarkeit und Datenqualität Gedanken machen. Ebenso können die Zielsetzung und Ressourcen über Erfolg und Misserfolg entscheiden. 

 
1. Wissenspyramide: Daten – Informationen – Wissen 

Es gibt sehr viele Abwandlungen der Wissenspyramide. Im Grunde geht es darum, dass (rohe) Daten die Grundlage bilden, die dann eine Abstraktionsstufe höher zu Informationen verarbeitet werden und die Frage beantworten sollen, was geschehen ist. Daraus generieren wir Wissen (“Warum ist es geschehen?”) und richten unsere Handlungen bzw. Entscheidungen (“Können - Was werden wir tun?”) dementsprechend aus.  

 

Wie gut die getroffenen Entscheidungen am Ende sind, hängt davon ab, welche Informationen zu Verfügung standen und auf welchen Daten sie ursprünglich beruhten. 

 
2. Datenverfügbarkeit: Wo sind meine Daten? 

Mit dem Thema „Datenverfügbarkeit“ haben eigentlich alle Organisationen zu kämpfen. Wie werden Daten aus möglichen Quellsystemen gesammelt, aufbereitet und passend zusammengeführt? Wie kann man Daten aus unterschiedlichen Quellen einer Person zuordnen? Wie lässt sich dies möglichst täglich automatisieren?  

In der Praxis ist das nicht eine einmalige Sache, die mal einmal einrichtet und sich dann nie wieder Gedanken machen muss. Datenflussprozesse und -systeme müssen fortlaufend hinterfragt und optimiert werden. 

 
3. Datenqualität: Garbage in – Garbage out 

Neben der Verfügbarkeit ist natürlich auch die Qualität der Daten entscheidend. Dem GiGo-Prinzip (“Garbage in – Garbage out”) ist dabei nicht viel hinzuzufügen. Auch in dieses Thema sollte regelmäßig Zeit investiert werden, um eine Mindestdatenqualität gewährleisten zu können. Was meist zu schlechter Datenqualität führen kann, sind falsche oder schlecht erfasste Adressdaten, oder auch Fehler beim Transformieren und Zusammenführen der Daten. 

 
4. Analysen nicht als Selbstzweck. Was ist mein Ziel?  

Bevor man mit der Analyse startet, sollte klar sein, was man wissen möchte. Das hört sich erst mal trivial an, ist aber nicht selbstverständlich. Einfach loslegen und schauen, was am Ende rauskommt, führt oftmals dazu, dass viel Zeit verschwendet wird und niemand mit dem Ergebnis etwas anfangen kann. 

 
5. Ressourcen: Personal & Tools 

Wer soll die Datenanalysen anfertigen? Welche Tools werden dafür benötigt? Oftmals ist es bei den Organisationen ein “das müssen wir irgendwann mal machen”-Thema. Andere operative Themen sind meist dringender. Es herrscht nicht selten der Irrglaube, dass man zwingend teure Software dafür benötigt. Das stimmt so nicht. Auch mit kostenfreien Programmiersprachen, wir R oder Python oder der freien Software KNIME kann man gute Analyseergebnisse erzielen. 

Eine kleine Anleitung für den Einstieg: Wie geht man vor? 

Laut Duden bedeutet das Wort “analytisch” so etwas wie zergliedernd oder zerlegend. Datenanalyse wird auch oft als ein Prozess der Gewinnung von wertvollen Informationen aus Daten beschrieben (siehe Wissenspyramide). Zusammengefasst zerlegen wir unsere Fragestellung, um die Komplexität und die Einflussgrößen zu reduzieren. 

 

1. Aus Groß mach Klein 

Nehmen wir die allgemeine Fragestellung “Wie können wir Potentiale finden und so Mehreinnahmen generieren?” 

Wir starten in einer hohen Flughöhe und schauen uns an wie viele Unterstützer:innen in unserer Datenbank vorliegen und wie viel Einnahmen von diesen zustande kamen. Danach können wir die Anzahl der Unterstützer:innen und die Einnahmen “top-down” in die “Donor Life Cycle”-Phasen herunterbrechen.  

Folgende Aufteilung wäre möglich: 

1. Potentielle Spender/ Neuspendergewinnung-Phase 

2. Neue Spender/ Onboarding-Phase 

3. Aktive Spender/ Spenderbindungs-, Upgrade- und Kündigungspräventions-Phase 

4. Inaktive Spender/ Reaktivierungsphase 

 

Es macht Sinn zusätzlich auch eine Unterscheidung in natürliche und juristische Person, sowie nach den Stufen der Spendenpyramide vorzunehmen. Mögliche Stufen sind unter anderem (potentieller) Erblasser, Großspender, Dauerspender, aber auch Einzelspender, die gemäß der Spendenpyramide hierarchisch nach der (monetären) Intensität ihres Engagements angeordnet sind. Wir sollten immer im Hinterkopf behalten, dass eine Person immer nur einer Stufe zugeordnet wird, aber gleichzeitig auch mehrere Spendenprodukte haben kann. So kann zum Beispiel ein potentieller Erblasser auch gleichzeitig eine Mitgliedschaft besitzen und unregelmäßig Einzelspenden tätigen. Diese Person würde der höchsten Stufe, nämlich der Erblasser-Stufe, zugeordnet werden. 

 
 

2. Kampagnenperformance 

Die Standardfrage beim Thema “Datenanalyse” ist wie gut die Fundraising-Kampagnen funktioniert haben. Bei postalischen Mailings mit eindeutigem Responseelement sind die Responsequoten und erfolgten Einnahmen auch relativ gut zu ermitteln. Reaktionen über die Website sollten dabei nicht vergessen werden. 

Haben die Personen, die ein Mailing bekommen haben, vielleicht auch wenige Tage später eine E-Mail erhalten? Oder einen Telefonanruf? Kampagnen werden meist isoliert betrachtet, was zu Fehlinterpretationen führen kann. Es sollte immer geprüft werden, welche Kampagnen zeitgleich stattfinden. Die Messung und Auswertung aller Kontaktpunkte einer Donor Journey oder zumindest alle Kontaktpunkte über einen mehrmonatigen Zeitraum führt zu einer besseren, ganzheitlichen Beurteilung des Erfolgs. 

 
3. Was hat sich verändert? Wanderungen! 

Wie haben sich unsere Spendenumsätze über die Zeit entwickelt? Gibt es (saisonale) Muster? Wie viele Neuspender haben innerhalb von 12 Monaten eine Zweitspende getätigt? Wie viele aktiven Spender:innen sind inaktiv geworden? Wie viele konnten reaktiviert werden? Wie viele Einzelspender:innen konnten zu einem Abschluss eines Dauerspendenproduktes überzeugt werden? Usw. 

Es gibt unzählige Fokusanalysethemen, die man sich genauer anschauen könnte. Falls in der Organisation mit Segmenten gearbeitet wird, schaut man sich gerne auch die Wanderungen in einem Jahr von einem zu anderen Segment an. 

 

4. Vergleiche/ Benchmarking 

NGOs können ihr Fundraising mit dem des Vorjahres vergleichen und so ihre Entwicklung darstellen. Die ermittelten Werte sind aber alleinstehend schlecht zu bewerten. Man sieht, ob z.B. der Zuwachs der Neuspender über die Website von einem zu anderen Jahr zugenommen hat, aber vielleicht haben andere Organisationen einen zehnfachen Zuwachs über diesen Kanal erreicht. Ein Benchmarking mit anderen NGOs kann helfen, die eigenen Entwicklungen besser beurteilen zu können. 

 

5. Advanced Analytics 

Gerne werden Segmentierungen nach dem “Recency-Frequency-Monetary"-Prinizip (RFM-Prinzip) verwendet. Wann Jemand zuletzt, in welcher Frequenz und welche Beträge gespendet hat, führt zu einer Einsortierung in eine bestimmte Spendergruppe.  

Mittels Machine Learning kann man komplexere Segmentierungen vornehmen, die nicht nur das Spendenverhalten, sondern auch soziodemografische und geografische Merkmale inkludieren, was zu einem umfassenderen Bild führen kann.  

Ein beliebtes Thema ist “Predictive Analytics”. Damit lassen sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Reagierer auf ein Mailing, zukünftige Kündiger von Mitgliedschaften und auch zukünftige potentielle Großspender oder Nachlassgeber vorhersagen. Das funktioniert so, dass man dem Algorithmus bereits bekannte Reagierer oder Kündiger vorlegt und dieser dann Zusammenhänge und Abhängigkeiten in den Daten erlernt. Somit können Zwillinge im Spenderstamm gefunden und Vorhersagen getroffen werden. Mit “Predictive Analytics” kann man eine sehr viel spitzere Zielgruppe angehen und dadurch Kosten sparen. 

 

Lohnt sich der Aufwand wirklich? 

Das ist die alles entscheidende, abschließende Frage. Man muss schon etwas an Zeit und auch in Expertise, intern oder extern, in das Thema investieren. Ich hoffe aber, dass ich veranschaulichen konnte, dass der Mehrwert deutlich überwiegt. Wohin die Organisation steuert, wie sich das Verhalten und auch die Zufriedenheit des Spenderstamms ändert, lassen sich ermitteln und beurteilen. Potentiale können so aufgedeckt und Risiken erkannt werden.  

Machen Sie mehr aus ihren Daten!
zurück zum Blog

Fundraising Analytics

Deutschland

Es gilt unsere Datenschutzerklärung.

Kontakt

[email protected]
0177/699 8158